Allgemein |Netzbeirat fordert umfangreiches Sofortprogramm und Maßnahmenpaket für höhere Verfügbarkeit der Schieneninfrastruktur bei extremen Wetterlagen
Vegetation entlang der Strecken muss so begrenzt werden, dass Bäume und Äste bei Stürmen nicht auf Gleise und Oberleitungen fallen können
Berlin, 29. Januar 2018 Netzbeirat fordert umfangreiches Sofortprogramm und Maßnahmenpaket für höhere Verfügbarkeit der Schieneninfrastruktur bei extremen Wetterlagen.
Für die Eisenbahnverkehrsunternehmen und die Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) ist es nicht länger hinnehmbar, dass mehrfach im Jahr und oft über Tage die Schienennetze ganzer Bundesländer nicht zur Verfügung stehen und die Vegetation ein „Gefährdungspotential“ bei den immer häufiger werdenden extremen Wetterlagen darstellt. Deshalb fordert der Netzbeirat der DB Netz AG in einer gemeinsamen Stellungnahme entschiedene Maßnahmen des Gesetzgebers zur Gleichstellung von Straße und Schiene bei der Vegetationskontrolle durch Änderung der Gesetze, die eine nachhaltige Sicherung des Bahnbetriebs vor Sturmschäden erschweren. Ferner fordert das Fachgremium, bestehend aus Eisenbahnunternehmen, SPNV-Aufgabenträgern und Branchenverbänden, eine Verstärkung des Aufwands bei der DB Netz AG im Rahmen eines Sofortprogramms. Ziel müsse es sein, so schnell wie möglich einen Zustand herzustellen, in dem die nachhaltige Höhenbegrenzung der Vegetation auf den sogenannten „V-Schnitt“ im Netz der Deutschen Bahn umgesetzt wird.
Jost Knebel, CEO NETINERA und Mitglied im Netzbeirat erklärt: „Der Netzbeirat fordert zu Recht ein dringend notwendiges Sofortprogramm sowie Gesetzesänderungen, um die Vegetation links und rechts der Schienen so zu gestalten, dass für die Eisenbahnen und ihre Passagiere keine Gefahr mehr ausgeht.“
Die Stellungnahme des Netzbeirats der DB-Netz AG im Wortlaut:
„Der Netzbeirat bei der DB Netz AG, ein Beratungsorgan aus Vertretern von Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträgern des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV), fordert ein umfangreiches und schlüssiges Maßnahmenpaket aller Beteiligten, um die Eisenbahn-Infrastruktur auch während und nach extremen Wetterlagen wieder zuverlässiger zu machen. Dies ist auch aus Imagegründen zwingend notwendig, um die Schiene als zentrales Element einer notwendigen Verkehrswende zu positionieren. Ein „weiter so wie bisher“ mit einem auf Teilnetzen konzentrierten „Hot-Spot-Vorgehen“ muss so schnell es geht durch schnell wirksame Maßnahmen ersetzt werden. Mittel- und langfristiges Ziel muss es sein, seitlich der Bahnstrecken die Vegetation auf eine Höhe zu begrenzen, die höchstens dem Abstand zum Gleis entspricht (sog. „V-Schnitt“). Nur dadurch kann zuverlässig verhindert werden, dass Bäume und Äste auf Gleise und Oberleitungen fallen. Sofortmaßnahmen wie die „Durchforstung“ vorhandener Baumbestände in kritischer Nähe zum Gleis durch Entnahme einzelner Risiko-Gewächse sind sinnvoll, aber auf Dauer keine ausreichende Lösung. Zudem wird die Bodenbeschaffenheit durch Extremwetterereignisse zunehmend so verändert, dass auch vorher nicht auffällige Bäume aufs Gleis fallen.
Die Wiederherstellung zuverlässig befahrbarer Bahnstrecken auch im Fall deutlich zunehmender Extremwetterlagen ist nicht nur ein Thema des Betreibers DB Netz. Vielmehr ist auch der Gesetzgeber gefordert, die Bundesschienenwege den Bundesfernstraßen gleichzustellen, wo Bewuchs und andere Gefährdungen von den Straßenbauverwaltungen relativ einfach entfernt werden können, auch auf angrenzenden Grundstücken anderer Eigentümer und notfalls sogar ohne deren Zustimmung. Gleiches ist der DB Netz verwehrt. Zudem muss der V-Schnitt hoher Vegetation entlang von Bahnstrecken auch im Bundesnaturschutzgesetz möglich werden.
Denn: Richtig verstandener Natur- und Umweltschutz sprechen nicht gegen eine Entfernung des hohen Baumbewuchses entlang der Bahnstrecken, vielmehr sind niedrig wachsende Vegetationszonen statt hoher Bäume entlang der Bahnstrecken wichtige Lebensräume für Insekten, insbesondere Bienen, Kleinsäuger und andere bedrohte Tierarten. Hecken, Gebüsch und „Bahndamm-Vegetation“ können somit sogar ökologisch wertvoller sein als hoher Baumbestand an falscher Stelle.
Auch aus übergeordneten Gründen muss der Zuverlässigkeit des Bahnbetriebs ein höherer Stellenwert zukommen. Der Schienenverkehr als Rückgrat eines künftig CO2-frei betriebenen Verkehrssystems muss wieder zuverlässig werden, um eine attraktive Alternative zum Verkehr auf der Straße zu werden. Das ist ein wichtiger Beitrag zum Erreichen von Klimaschutzzielen.“
Zum Hintergrund: Das ist der Netzbeirat:
Das Eisenbahn-Bundesamt hat gemäß § 34 AEG bei der DB Netz AG einen unabhängigen Netzbeirat eingerichtet, der Empfehlungen zum Erhalt der Schienenwege und deren Ausbau und Entwicklung abgeben wird. Der Netzbeirat besteht seit Januar 2006. Ihm gehören Vertreter oder Beauftragte von Eisenbahnverkehrsunternehmen und der für den Nahverkehr zuständigen Organisationen der Bundesländer an. Dieses Praktikerforum soll sicherstellen, dass die Interessen aller Nutzer bei der strategischen und strukturellen Entwicklung, dem Ausbau und dem Erhalt des Schienenwegenetzes angemessen berücksichtigt werden. Im Netzbeirat sind alle Fragen in Bezug auf die Größe, die Kapazität und die Standards des Netzes, insbesondere Planungen von Neu- und Ausbaumaßnahmen sowie Ersatzinvestitionen zu besprechen.
Die DB Netz AG muss deshalb den Netzbeirat über alle strategischen und strukturellen Planungen unterrichten. Der Vorstand des Betreibers der Schienenwege muss die Empfehlungen des Netzbeirats zum Gegenstand seiner Beratungen machen. Das Eisenbahn-Bundesamt wacht darüber, dass die Empfehlungen des Netzbeirates in den Beratungen des Vorstands der DB Netz AG berücksichtigt werden. Die Schaffung des Netzbeirates ist somit ein weiterer Schritt zur Stärkung eines fairen und unverfälschten Wettbewerbs auf der Schiene. Der Netzbeirat befasst sich mit allen Fragen in Bezug auf Größe, die Kapazität und die Standards des Netzes; insbesondere werden Planungen von Neu- und Ausbaumaßnahmen sowie Ersatzinvestitionen besprochen. Der Netzbeirat gibt wichtige Empfehlungen zum Erhalt der Schienenwege und deren Ausbau und Entwicklung ab.
Vorsitzender des Netzbeirates ist Michail Stahlhut, CEO von SBB Cargo International; stellvertretender Vorsitzender ist Dr. Norbert Reinkober (Geschäftsführer Nahverkehr Rheinland und Verkehrsverbund Rhein-Sieg).
Download als PDF:
PM 29-01-2018 Netzbeirat zu Vegetation
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