Pressemitteilung zur Vergaberechtsnovelle von abellio, BeNEX, NETINERA und transdev

Pressemitteilung zur Vergaberechtsnovelle von abellio, BeNEX, NETINERA und transdev

„Vergaberechtsnovelle kann das Ende des Wettbewerbs auf der Schiene bedeuten, wenn Betriebsübergänge verpflichtend werden!“

Berlin, 16. Oktober 2015. 
Im Deutschen Bundestag wurde am heutigen Freitag der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts diskutiert. Mit der darin enthaltenen Formulierung im Paragraph 131, Absatz 3 sollen öffentliche Auftragnehmer verlangen können, dass bei einem Wechsel des Betreibers im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ausnahmslos alle Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers, beispielsweise der Deutschen Bahn AG (DB AG), zu den komplett gleichen Bedingungen vom neuen Eisenbahnverkehrsunternehmen übernommen werden sollen. Nach Ansicht der vier führenden privaten Wettbewerbsbahnen Abellio, BeNEX, NETINERA und Transdev bedeutet diese kleine Änderung von bisher „kann“ auf „soll“ jedoch „das Ende des freien Wettbewerbs im SPNV und einen Rückfall in überholt geglaubte monopolistische Strukturen mit allen negativen Folgen“.
 
In einer Dienstleistungsbranche ist qualifiziertes und kompetentes Personal der entscheidende Faktor für den Erfolg eines im Wettbewerb stehenden Unternehmens. Es muss daher nach Auffassung von Stephan Krenz (Abellio), Michael Vulpius (BeNEX), Jost Knebel (NETINERA) und Christian Schreyer (Transdev), den Chefs der führenden Wettbewerbsbahnen, auch in Zukunft jedem Unternehmen im SPNV freistehen, sein Personal nach individuellen Gesichtspunkten und Bedarfen auswählen zu können. Nur so besteht weiter die Möglichkeit, die Ausschreibungen mit flachen Hierarchien und effizienten Abläufen attraktiv für die Aufgabenträger der Länder und die Fahrgäste zu gestalten. Dies wäre mit dem neuen Gesetz nicht mehr möglich, da die Anzahl der zu übernehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Ausschreibung vorgegeben würde. Damit wäre ein wesentliches Wettbewerbselement zerstört. Es könnte sogar dazu kommen, dass der Neubetreiber die Restrukturierungsprobleme des Altbetreibers lösen müsste. Das kann nicht sein.
 
Die Übernahme von qualifizierten Mitarbeitern eines Altbetreibers zu gleichen oder sogar besseren Konditionen ist bei den Verkehrsunternehmen gängige Praxis. Der Wechsel von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zwischen den Betreibern oder bei einem Betriebsübergang ist dabei ausreichend im geltenden Branchentarifvertrag geregelt. Dieser ist eine sehr gute Grundlage für die im Wettbewerb stehenden Unternehmen auf dem deutschen SPNV-Markt. Er sorgt für ein ausgeglichenes und gerechtes Lohnniveau der Beschäftigten, bringt Chancengleichheit unter den Arbeitnehmern und berücksichtigt zahlreiche soziale Aspekte. Weitergehende gesetzliche Reglementierungen sind deswegen nicht notwendig.
 
Immer wieder ist insbesondere von der DB AG zu hören, dass die Wettbewerbsbahnen im SPNV den Konkurrenzkampf über die Lohnkosten austragen. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch, wie unterschiedliche Studien und Aussagen von Aufgabenträgern belegen. Die Sozialstandards der Wettbewerbsbahnen sind branchenüblich und wurden von der Arbeitnehmerseite sogar ausgezeichnet. Zudem sind Personalkosten für den Gewinn von Ausschreibungen nicht das entscheidende Kriterium, zumal sie in der Regel nur 15-18 Prozent der Gesamtkosten eines Projektes betragen. Es ist stets ein Mix aus unterschiedlichen Anforderungen und Qualitätsstandards ausschlaggebend.
 
Für im Wettbewerb zur DB AG stehende Unternehmen ist es nicht akzeptabel, dass die DB AG zwar gerne ihr komplettes Personal den Konkurrenten aufzwingen und so unter Umständen einen Personalüberhang abbauen will, sich zugleich aber weigert, auch Betriebsmittel, wie Werkstätten oder Fahrzeuge, den Wettbewerbern zu fairen Konditionen zu überlassen. Dies bedeutet letzten Endes nichts anderes als „Rosinenpickerei“, um sich unter staatlichem Schutzmantel weitere Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
 
Die heutige Praxis funktioniert doch und zwar seit 20 Jahren! Deutlich mehr als 100 Verfahren hat es bisher gegeben, in den wenigsten war ein Betreiberwechsel vorgesehen und trotzdem ist die Qualität des SPNV deutlich besser geworden. Dies belegen die gestiegenen Fahrgastzahlen! Kein Betreiber meldet Unzufriedenheit bei seinem Betriebspersonal, das diese Regelungen rechtfertigt! Daher stellt sich die Frage: Warum dieser Regelungsbedarf?

Download als PDF:
PM 2015-10-15 - Vergaberecht
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